Mehrwert mit dem Laser
Die Laserbearbeitung von Glas hat ihr Nischendasein verlassen. Hatte die junge Technik noch den Ruf einer experimentellen Anwendung mit Start-Up-Charakter, haben sich die möglichen Veredelungen und lasergestützten Funktionalisierungen ebenso erweitert, wie sich die Maschinentechnik weiterentwickelt hat. Vogelschutzglas, mobilfunkdurchlässiges Glas und die schonende Randentschichtung gehören zu den bekanntesten Anwendungen. Die HEGLA boraident zählt zu den Pionieren der Laserbearbeitung und bietet angepasst auf den Kundenbedarf zwei Anlagentypen.
Oberflächenschonend: Die Struktur des Glases bleibt unangetastet
Grundsätzlich können zwei Arten der Laserbearbeitung unterschieden werden. Bei der klassischen CO2-Laser-Gravur wird eine geringe Menge Material von der Glasoberfläche der Scheibe abgetragen und damit die gewünschte Funktionalität erzeugt. „Mit dem Laserbird setzen wir auf ein alternatives, schonendes Verfahren mit kurzwelliger Laserstrahlung. Die Glasoberfläche bleibt ebenso wie die Spannungsstruktur unangetastet und die Qualitätseigenschaften damit unverändert“, so Dr. Thomas Rainer, Entwicklungsleiter und Prokurist der HEGLA boraident aus Halle/Saale.
Laserveredelung mit hoher Automatisierung
Bereits 2012 hatte das Unternehmen eine Anlage zur lasergestützten Veredelung präsentiert. Aus dieser sind zwei Varianten entstanden, die sich durch den Grad der Automation und den Platzbedarf unterscheiden. Die Classic-Version kann automatisch oder manuell beschickt werden. Das Glas wird auf den Beladungsförderer eingefahren oder vom Bediener aufgestellt. Zur Laserbearbeitung folgt der Eintransport in den Sicherheitsbereich. Zeitsparend kann währenddessen die nächste Scheibe auf dem Förderer platziert werden und steht so für die Bearbeitung bereit. Für kleinere Produktionshallen und einen mittleren Mengenbedarf wurde der Laserbird smart entwickelt. Die Beschickung erfolgt manuell auf dem Bearbeitungsbereich, so dass die Anlage ohne die zusätzliche Beladefläche weniger Raum einnimmt.
Einzelstücke und Kleinserien ohne Vorrüstzeit
Über eine App-Steuerung auf dem PC können die gewünschten Veredelungen ausgewählt und je nach Größe der Anlagen eine einzelne Scheibe, ein Bandmaß oder eine Isolierglaseinheit bearbeitet werden. Alternativ kann die Bearbeitung vollautomatisch über das ERP des Glasverabeiters gesteuert werden. Dazu erfolgt vor der Bearbeitung des Glases das Einlesen der Glas-ID und die Anforderung des Bearbeitungsdatensatzes aus dem ERP. „Die Laserbearbeitung ist sehr flexibel und bietet die Möglichkeit, verschiedene Produkte im Wechsel und spontan zu erzeugen“, beschreibt Dr. Thomas Rainer. „So ist es nicht ungewöhnlich und sogar gewünscht, dass auf ein Vogelschutzglas, eine heizbare Scheibe oder ein mobilfunkdurchlässiges Glas folgt“.
Vogelschutzglas
Das Vogelschutzglas ist die meistnachgefragte Laseranwendung. Für den maximalen Effekt der Vogelschlagvermeidung wird auf der Außenseite des Glasproduktes auf Position 1 ein Punktmuster mit dem patentierten Laserdruckverfahren UniColor aufgedruckt. Die dabei entstehende hauchdünne Schicht ist kratz-, licht- und wetterfest – wahlweise blickdicht oder semitransparent – und zeigt dem Vogel ein unüberwindbares Hindernis an. Als zweiter Effekt wird die Spiegelung beispielsweise von Bäumen oder Büschen auf der Glasoberfläche wirksam unterbrochen, so dass ein Anflug unattraktiv wird. Zusätzlich geben eine leichte Reflektion und starke Lichtstreuung ein weiteres Warnsignal. Die Wirksamkeit wurde mit verschiedenen Glasbeschichtungen und Scheibenzusammenstellungen von der American Bird Conservancy (ABC) nachgewiesen. „Vor allem bei öffentlich wirksamen Gebäuden erleben wir ein großes Interesse, da tote Vögel weder attraktiv noch zeitgemäß sind“, so Dr. Rainer.
Voller Daten- und Handy-Empfang
Die modernen Dreifach-Isoliergläser und die metallischen Funktionsschichten wirken mehrfach, denn mit der zunehmenden Wärmedämmung und Isolierung nimmt die Mobilfunkdurchlässigkeit ab. Für vollen Empfang sorgt dann ein feines Zwölfeck-Muster. Die Low-E-Schicht wird dazu in dünner Strichbreite von 50 µm abgetragen oder physikalisch umgewandelt, so dass die Mobilfunkwellen in den Innenraum dringen können. Insbesondere das patentierte Verfahren der Schichtumwandlung ermöglicht auch die Funktionalisierung an endgefertigten Iso-Einheiten. Die per Laser erzeugte Struktur ist kaum zu erkennen und hat keinen signifikanten Einfluß auf den Ug Wert.
Ästhetische Randentschichtung
Was im Kleinen für den Mobilfunk funktioniert, kann auch im großen Stil angewendet werden. Glasklar und ohne optische Beeinträchtigung entfernt der Laser die Beschichtung im gewünschten Bereich von Spiegeln, Randverbünden oder Gläsern für das Structural Glazing. „Die Oberfläche bleibt unbeschädigt und das Ergebnis ist ästhetisch ansprechend“, erklärt der Entwicklungsleiter.
Gegen Kondensierung und Schneelast
Die Reduzierung der Schneelast auf Glasflächen sowie das Verhindern der Kondensatbildung an Glasoberflächen durch Feuchtigkeit ist eine Aufgabenstellung, die vor allem in den skandinavischen Ländern häufig ist. Hilfe bietet hier die Strukturierung der pyrolythischen Schicht zur Leiterbahn, die dann gering erwärmt werden kann. Dasselbe Verfahren wird für den Einbruchschutz genutzt: Ist die Durchleitung unterbrochen, wird Alarm ausgelöst.
Schluss mit Bakterien
Keine Chance haben Bakterien und Keime, wenn im patentierten Laserdruckverfahren Silberionen in das Glas eingebracht werden: Bei Kontakt mit der Oberfläche sterben die Erreger ab. In Bereichen mit hohen Hygieneanforderungen wie Küchen, Kühl- oder Krankenhäusern findet diese Langzeit-Veredelung Ihre Anwendung, beispielsweise an Flächen und Türen.
Flexible Produktion am Ende der Fertigung
„Die Flexibilität ist eine der größten Stärken der Laserveredelung“, so Dr. Rainer. „Ich empfehle daher, den Laserbird am Ende der Fertigungskette zu positionieren“. Die Prozesse auf den Schneid- und Isolierglaslinien können dann unabhängig von der Veredelung erfolgen und jederzeit angepasst werden. Die Glasübergabe auf die Anlage erfolgt entweder manuell von einem Glasgestell oder automatisch mit einem Fächerwageneinzug. Sind die Gläser darüber hinaus mit einer Markierung und einem QR-Code gekennzeichnet, kann die gewünschte Veredelung vom System bedienerlos ausgelöst werden. „Ohne Rüstzeit und Serienanforderungen sind Produkte mit Mehrwert möglich, die ansonsten nur durch lange Lieferzeiten oder Zukäufe herstellbar wären“, erklärt der Entwicklungsleiter.
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